Der Begriff der Schleichwerbung rückt in den vergangenen Jahren mehr und mehr in das öffentliche Bewusstsein – insbesondere mit dem Aufkommen von Influencer*innen-Werbung in sozialen Medien und der damit einhergehenden Verschleierung von Produktplatzierungen. Bei NRWision ist Werbung sowie Schleichwerbung in der Mediathek und auf dem TV-Sender zwar grundsätzlich verboten. Aber auch bei Produktbesprechungen oder -vorstellungen müssen Macher*innen einige Kleinigkeiten beachten. In diesem Artikel erfährst du, wie du mit deinen Inhalten auf der sicheren Seite bleibst, was erlaubt ist und was nicht, und wie du Werbung erkennen kannst.
Die persönliche Meinung zu einem neuen Musik-Album äußern, ein Brettspiel anspielen oder vom Restaurant-Besuch berichten – da ist doch nichts dabei! Grundsätzlich kann hier Entwarnung gegeben werden: Solange der/die Macher*in für einen journalistischen Beitrag keinen Gegenwert in Form von Geld oder Waren erhalten hat, sind Macher*in und die Plattform der Veröffentlichung erst einmal auf der sicheren Seite.
In den Bürgermedien – ob auf NRWision oder anderswo – gelten einige Grundsätze, die dankenswerterweise einfach zu beachten sind. So sind Marken- oder Produktvergleiche dann zulässig, wenn sich der Beitrag kritisch sowie ausgewogen damit auseinandersetzt und Produkte nicht besonders hervorhebt oder bewirbt. Praktisch bedeutet das, dass Macher*innen sich mit Kaufempfehlungen, überschwänglichem Lob und Vergleichbarem zurückhalten sollten.
Medienschaffende – insbesondere Journalist*innen –, die sich mit einem Produkt auseinandersetzen, sollten werbliche Sprache vermeiden. Hier ergibt es Sinn, Formulierungen aus Marketing- und Promotion-Material eines Albums, einer Küchenmaschine oder eines Brettspiels kritisch zu hinterfragen. Hersteller*innen und Verlage stapeln gerne hoch und reichern alltägliche Dinge mit einer Vielzahl von Superlativen an. Journalist*innen müssen diese Marketing-Formulierungen durchschauen, realistisch bleiben und ein Gegengewicht herstellen. Vielleicht ist die "Küchenrevolution für die ganze Familie" doch nur eine ganz gewöhnliche Küchenmaschine oder das "Traditions-Album des Jahrhunderts, das Pop und Folk vereint" lediglich eine durchschnittliche Country-Platte.
Das Gleiche gilt auch für die Bildsprache in audiovisuellen Beiträgen. Die Aufgabe der Macher*innen besteht nicht darin, ein Produkt möglichst gut darzustellen. Vielmehr ist es ihre Verantwortung, ein Produkt, eine Marke oder einen Service möglichst ganzheitlich zu besprechen, einzuordnen und abzubilden – mit Schwächen und Stärken.
Eine Sendung, die von einem Sponsor finanziert wurde oder werbliche Inhalte enthält, kann bei NRWision grundsätzlich nicht gesendet werden. Das bedeutet, auch Schleichwerbung ist für Bürgermedien unzulässig.
Denn hier macht das Landesmediengesetz Nordrhein-Westfalen ganz klare Vorgaben:
"Bürgermedien dürfen nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet sein und die Beiträge keine Werbung enthalten." (§ 40 Absatz 3 LMG NRW – Bürgermedien)
Daraus folgt grundsätzlich: Wer für seinen Beitrag einen Gegenwert erhält, darf seine Sendung nicht in den Bürgermedien veröffentlichen. Auch wer sich ausschließlich der Erklärung eines neuen Staubsaugers widmet und regelmäßig Image-Filme vorführt, macht Werbung. Macht ein Interviewgast im Verlauf eines Gesprächs mehrfach auf die eigene Biografie oder das eigene Album aufmerksam und diese Äußerungen bleiben redaktionell unkommentiert, kann das als Werbung verstanden werden.
Für Macher*innen, die zusätzlich außerhalb von NRWision veröffentlichen, gibt es eine weitere wichtige Faustregel: Werbung muss auf den ersten Blick deutlich als solche zu erkennen sein. Hierzu sagt die Landesanstalt für Medien NRW auf ihrer Webseite:
"Das Wissen, wann ein Influencer, ein Blogger oder ein Redakteur seine eigene Meinung äußert und wann er für eine Aussage bezahlt wurde, ist eine Grundvoraussetzung für die freie Meinungsbildung der Nutzer."
Wichtig: Wenn dir im Rundfunk, im TV oder in den Bürgermedien ein problematischer Beitrag auffällt, kontaktiere stets den Sender, die Plattform oder die Betreiber*innen. Bei besonders problematischen Sendungen und falls eine Nachricht unbeantwortet bleibt, kann jede*r bei der Landesanstalt für Medien NRW eine Beschwerde einreichen. Fällt dir auf unserem Sender oder in der Mediathek von NRWision etwas auf, schreibe uns gerne jederzeit eine E-Mail an redaktion@nrwision.de.
Der Medienstaatsvertrag legt Rechte und Pflichten der gesamten deutschen Medienlandschaft fest und wird diesbezüglich noch konkreter – dazu im nächsten Absatz mehr.
Die große Frage bleibt: Was ist denn Schleichwerbung genau?
Wenn sich Werbung als redaktioneller Inhalt tarnt, dann ist es Schleichwerbung. Und: Wird eine Werbung nicht als solche gekennzeichnet, ist sie unzulässig. Hier ist der Medienstaatsvertrag an zwei Stellen sehr klar und widmet sich diesem Thema:
"Werbung muss als solche klar erkennbar und vom übrigen Inhalt der Angebote eindeutig getrennt sein. In der Werbung dürfen keine unterschwelligen Techniken eingesetzt werden." § 22 Absatz 1 Medienstaatsvertrag (MStV)
… und …
"Schleichwerbung und Themenplatzierung sowie entsprechende Praktiken sind unzulässig. […] Auf eine Produktplatzierung ist eindeutig hinzuweisen. Sie ist zu Beginn und zum Ende einer Sendung sowie bei deren Fortsetzung nach einer Werbeunterbrechung oder im Hörfunk durch einen gleichwertigen Hinweis angemessen zu kennzeichnen." § 8 Absatz 7 Medienstaatsvertrag (MStV)
Das Ziel der Kennzeichnungspflicht ist, dass Zuschauer*innen in kürzester Zeit erfassen können, dass sie Werbung sehen. Folgen Medienmacher*innen dieser Kennzeichnungspflicht nicht, führen sie ihre Zuschauer*innen in die Irre und verletzen das Gebot der Trennung von Redaktionellem und Werbung. Die deutschen Medienanstalten haben für Video und Audio sowie Bild- und Text-Beiträge eine Übersicht erstellt, die erklärt, wann Werbung wie gekennzeichnet werden muss.
Wichtig: Der Medienstaatsvertrag gilt für alle Medien, während das Werbeverbot lediglich für Bürgermedien wie NRWision wirksam ist.
Wenn Produkte, Marken oder Dienstleistungen beiläufig oder zufällig in einem Beitrag auftauchen, ist das unproblematisch – solange kein Geld geflossen ist. Als Beispiel: Bei der Aufnahme eines kurzen Video-Blogs oder der Befragung von Passant*innen in einer Innenstadt müssen nicht sämtliche Ladenfronten oder Markenschilder unkenntlich gemacht werden.
Klassische Werbung in gängigen Medien ist oft einfach zu erkennen: Hörfunk-Sender kündigen Reklameblöcke mit einzelnen Spots davor sowie danach an – selbiges gilt für Werbung im TV. Sponsorings heben TV und Hörfunk ebenfalls deutlich hervor: "Dieser Film wird Ihnen präsentiert von Produkt X oder dieses Gewinnspiel mit unserem Partner Y."
In den gängigen sozialen Medien wie Facebook, Instagram, YouTube oder TikTok kann es schon kniffliger werden. Immer wieder sprechen Kontrollinstanzen (etwa die Wettbewerbszentrale oder die Verbraucherschutzbehörden) Abmahnungen aus oder rufen Influencer*innen zur Ordnung. Der Vorwurf: keine oder zu wenig Transparenz bei Werbe-Postings. Diese erkennen Nutzer*innen häufig nur an feinen Details.
Ein Blick in die sogenannten "Hashtags" eines Beitrags hilft oftmals. Kennzeichnungen wie #ad, #brandcontent oder #poweredby sind gängig und verraten immerhin auf den zweiten Blick, dass es sich um ein bezahltes Posting handelt. Trotzdem ist eine Kennzeichnung lediglich durch Hashtags, Abkürzungen oder abstrakte Formulierungen wie "Advertorial" oder "Infomercial" nicht zulässig (siehe Kennzeichnungsmatrix der Medienanstalten).
Für das Identifizieren von Schleichwerbung gibt es kein ganzheitliches Erfolgsrezept. Denn: Schleichwerbung will in den meisten Fällen unerkannt bleiben. Die Absicht ist es, werbliche Inhalte absichtlich zu verschleiern. Erste Anhaltspunkte können allerdings überschwängliches Lob für ein bestimmtes Produkt und klare Kaufempfehlungen ohne das Nennen von Alternativen sein. Auch sogenannte Referral-Links (oder Reflinks), an denen Influencer*innen mitverdienen, weisen auf mögliche Werbung hin.
Zumindest in der Mediathek und im TV-Programm von NRWision sind Zuschauer*innen vor Werbung sicher. Da unsere Redaktion jeden Beitrag sichtet und prüft, fallen Ausreißer sofort auf. Wer versehentlich eine Sendung mit werblichem Charakter produziert, erhält Beratung und Hilfe, um den Beitrag neu zu gestalten und die oben genannten Stolpersteine in Zukunft zu vermeiden.
Wenn du noch weitere Fragen rund um Themen wie Reklame, Schleichwerbung und Produktvergleiche hast, wende dich gerne an uns. Mehr medienrechtliche Tipps für Macher*innen bei NRWision erreichst du über diesen Link. Außerdem findest du bei uns Artikel zum Recht am eigenen Bild, zur Arbeit mit Künstlicher Intelligenz und zur Verwertung von Fremdmaterial.
Autor:
Gregor Schollmeyer
Beauftragter für redaktionelle Sonderprojekte | NRWision